Auch wenn schon in der Schlucht geklettert wurde, ging es weiter, diesmal zu den Tegna-Platten. Einfache, lange Mehrseillängen waren angesagt, für jeden gab es eine Route. Die Azubis, also unsere Jugendleiter-Anwärter, konnten wir bereits alleine los schicken, und so kamen auch einige Jugendleiter mit 2er-Seilschaften zum Zug. Zwei davon waren sich ihres bevorstehenden Abenteuers zu diesem Zeitpunkt noch in keiner Weise bewusst.
Man mag es nicht glauben, aber auch Jugendleiter können sich verlaufen. Eigentlich legten Chris und Lisa einen super Start hin. Da die Route nicht allzu schwer schien, ging es in sportlichem Tempo nach oben. Die vorherigen Truppen seilten sich bereits ab oder haben den Abstieg zu Fuß gewählt. Die Entscheidung, ob Abseilen oder Absteigen stand bei den beiden noch aus. Der zunehmende Wind und die Wolken auf der anderen Seite des Tals sahen verdächtig aus. Im letzten Drittel der Routen beschlossen sie daher: „Wir laufen runter, das ist sicherer. Nicht, dass wir gerade abseilen und stecken dann im Regen oder gar im Gewitter!“. An sich war das objektiv wohl die richtige Entscheidung. Der Ausstieg stellte auch kein Problem dar. Der Weg danach allerdings schon.
Lange rätselten sie, ob man noch weiter nach oben oder rechts weg muss, ohne einen eindeutigen Weg ausmachen zu können. Die eingezeichnete Linie im Kletterführer war hierbei auch absolut nicht hilfreich. ‚Die anderen Gruppen sind inzwischen bestimmt am Fuß des Felsens angekommen‘, dachten sie sich. Nach kurzem Telefonat war klar: Wenn man immer nach rechts und leicht nach unten läuft, ist man auf dem richtigen Trampelpfad. Ein Fixseil soll auch noch auf dem Weg liegen. Schließlich entschieden Chris und Lisa, einem „Weg“ zu folgen, welcher nicht würdig war, Weg genannt zu werden. „Tierpfad-ähnlich“ würde es wohl eher treffen. Dieser Weg verlief auch immer rechts an der Wand entlang, allerdings nicht wirklich nach unten. Aber da ist ja ein Fix-Seil, wir sind bestimmt richtig! Dennoch ist das Laufen in viel zu engen Kletterschuhen durch einen Urwald nicht gerade sehr angenehm. Die fast schon halsbrecherische Route führte zu einem älteren Paar, welches zum Glück auch noch deutsch sprach.
Jugendleiter: „Entschuldigen Sie, wissen Sie wo hier ein Abstieg ist?“
Herr: „Tut mir leid, wir seilen immer ab. Keine Ahnung.“
Jugendleiter: „Oh man. Aber trotzdem danke.“
Chris graut es schon: „Hier kommt es mir doch bekannt vor. Hier waren wir doch gestern!“ Nach langer Verzweiflung steht fest, es wird abgeseilt. Die Routen sind bekannt und die beiden haben sich gestern schon an dieser Stelle abgeseilt. Sie waren absolut sicher, dass das Seil reichen würde. Dann klingelte das Telefon. Da die Routennamen an der Wand stehen, konnte dann endlich auch der Standort durch die restliche Gruppe ermittelt werden. Ergebnis: die beiden waren ganz am anderen Ende des Klettergebietes angekommen! Da jetzt nichts mehr schief gehen durfte, wurde widerwillig beschlossen, dass die Verlorenen abgeholt werden mussten. Heißt: Alles zurück gehen, die anderen kommen entgegen. So machten sich Chris und Lisa auf den Weg zurück. Nach viel Frustration, Fluchen, Kratzern und Rufen fiel man endlich in die Arme des rot-behelmten Suchtrupps. Nach dem Abstieg unten angekommen war eines klar: Chris und Lisa sind richtig platt! Die Füße schmerzten und so viel Durchhaltevermögen wird selten gefordert. Aussage von einem der Zwei: „Ich hab echt kein Bock mehr!“.
Da es inzwischen recht spät war, trat die ganze Gruppe die Reise zum Campingplatz an. Dort packten die Jugendleiter den großen Kochtopf aus und machten einige Kilo Spagetti – nach der ganzen Aufregung ein lange ersehntes Mahl. Kleine Anmerkung für zukünftige Touren: 8 Liter passierte Tomaten sind für 16 Leute viel zu viel! ;)
Stau? Können wir, wollen aber nicht!
Der letzte Tag der Tour wurde komplett durch die Abreise beansprucht. Geplant war, die Kinder nachmittags wieder Zuhause abzuliefern. Allerdings hatte der Stau, der schon 20 km nach Start der Fahrt begann, andere Pläne. Geschlagene 10 Stunden dauerte die Heimreise. Höhepunkt war ein recht interessantes Manöver über den Grünstreifen: ein Stau bildete sich direkt vor einer Abfahrt einer Schweizer Autobahn. Das Hinterste der drei Autos, gefahren von Dominik, fuhr winkend am zweiten Auto die Ausfahrt entlang. Das zweite Auto schaffte es mit viel Schwung und professionellen Fahrkünsten von Laurenz etwas wackelig über den Grünstreifen ebenfalls zur Ausfahrt. Das resultierende Problem: der Konvoi hatte sich nun aufgelöst. Das verbleibende erste Auto, welches gefahren von Stefan im Stau stand und auch nicht mehr raus konnte, hatte alles an Gepäck dabei. So wurden spät abends alle Kinder nach Hause gebracht und das Gepäck noch später von den Jugendleitern nachgeliefert.
Um 23 Uhr war dann auch endlich das Gepäck wieder zurück und an die Kinder verteilt. So ging für die Jugendleiter ein noch längerer Tag zu Ende.
Alles in allem eine ganz normale Tour!